Unter Druck der Lobbyisten der Großindustrie war die Europäische Union drauf und dran sogenannte Softwarepatente zu legalisieren. Dies ist Gott sei Dank mit großer Mehrheit gescheitert.

Jetzt geht’s in die nächste Runde, denn die Lobby versucht nun die EU zu umgehen mit der European Patent Litigation Agreement (EPLA). Durch das EPLA will die EU-Kommission de facto das Europäische Patentamt zur entscheidenden Instanz in Patentstreitigkeiten erheben.

Dieselbe Instanz, die in der Vergangenheit unter Mißachtung geltenden Rechts über 65000 Patente auf Software und Geschäftsmethoden erteilt hat, soll also in Zukunft darüber entscheiden, welche Patente zulässig sind und welche nicht. Hier hat die EU kein Mitspracherecht mehr.

Bislang hat ein Programmierer für seine Idee das sogenannte „Urheberrecht“ und er entschied darüber wer es nutzen durfte und wer nicht. Bei einem Patent ist das anders. Es ist bislang nicht möglich den „Besitz einer Idee“ patentieren zu lassen und man hat gute Chancen bei einer patentrechtlichen Streitigkeit, einer dieser 65000 zu unrecht erlassenen Patente, rechtlich die Klage durchzusetzen.

Bei der o.a. Gesetzesänderung über die EPLA wären allerdings alle bislang erlassenen Patente mit einem Schlag rechtlich durchsetzbar. Dies käme in etwa einem Berufsverbot für Programmierer gleich.

Die europäische Softwareindustrie sowie kleinere Programmierer fallen skrupellosen Patentinhabern zum Opfer wenn diese Entscheidung so gefällt wird. Ein Zusammenschluss von Großkonzernen würde alle kleineren Konkurrenten zunichte machen.

Die Folge ist eine teurere Software die weniger gut und weniger sicher wäre. Jeder von uns zahlt hierfür einen hohen Preis. Jedes Kleinunternehmen, jede Privatperson, ja sogar unsere Regierung.

Hintergrund: Der patentierte Einkauf per Mausklick oder der Fortschrittsbalken bei der Installation neuer Software, sind nur zwei Beispiele die patentiert sind, bzw. es noch werden sollen.

Softwarepatente sind als Gelddruckmaschinen zu verwenden, die immer dann angeworfen werden sobald dies möglich ist, und zwar auf Kosten der Verbraucher die sie bezahlen und auf Kosten einzelner Entwickler und kleinerer Firmen die keine Patente besitzen. Die großen Konzerne werden sich Ihre Patente gegenseitig zur Verfügung stellen (Kreuzlizenzen) und somit immense Patentkosten sparen.

Der Wunsch zur Sicherung von Ideen ist sicherlich legitim, aber nicht auf Kosten kleinerer Unternehmen und auf Kosten der Verbraucher, denn hier wird Tür und Tor geöffnet für schlechte und teure Programme die nicht mehr das können was allerorts benötigt wird.

Und es geht nicht nur um Dinge wie den (bereits patentierten) Fortschrittsbalken bei der Softwareinstallation – man muss sich nur vorstellen, was passiert, wenn Spam-Filtertechnik patentiert wird, oder wenn bestimmte Suchroutinen nach Virendefinitionen nur noch von einer Firma angeboten werden können.

Es wird behauptet, dass Patente die Innovationen auf dem sich schnell drehenden Softwaremarkt beflügeln werden, aber stimmt das wirklich? Ein Unternehmen, welches ein neues Produkt entwickelt, wird vor Veröffentlichung auf die Patentzulassung warten müssen und ein Unternehmen, welches die Produktpalette erweitern möchte, wird eventuell mit einer einzigen Patentklage in den wirtschaftlichen Ruin getrieben und ohne eigene Rechtsabteilung sollte man dann eventuell nicht mehr auf dem Softwaremarkt agieren.

Es wird immer wieder behauptet, niemand wolle Softwarepatente sondern nur „technische Patente“. Hier ist der Fortschrittsbalken ein gutes Beispiel wie aus Software ein Technikartikel wird, denn das Patent wurde umdefiniert als „Anzeigemethode auf dem Bildschirm“. Der Bildschirm als technischer Artikel reichte aus, um ein reines Softwareergebnis zu einer „technischen Erfindung“ zu machen.

Es gibt bereits viele Webseiten im Netz die sich mit riesigen Aktionen gegen die Softwarepatente aufbegehren, genauso wie es Informationsseiten gibt die sich für die Patente aussprechen, aber hat sich die EU wirklich tiefgründig mit der Thematik beschäftigt oder wird hier nur dem Druck der großen Softwarelobby nachgegeben und Tür und Tor geöffnet für die Gelddruckmaschine „Softwarepatente“?

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